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      Larger than life – Größer als das Leben
      Larger than life – Größer als das LebenAm 24. Mai 2021 ist die Tanzpionierin Anna Halprin im Alter von hundert Jahren gestorben. Sie war Tänzerin, Forscherin, Aktivistin, Rebellin, Schamanin. Im «New York Times»-Artikel vom 26. Juni kann man über die vielen Meilensteine, ihren Einfluss auf die Tanzwelt, ihre Biografie, ihre Erfolge und ihre Auszeichnungen lesen. Petra Prensky erlebte sie als eine sehr eigenwillige, mystische, liebevolle, geradlinige Frau, die mit Leib und Seele lebte, liebte und tanzte. Tanzbegeistert und ungestüm. Hanna Dorothy Schuman wurde am 13. Juli 1920 in Wilmette, Illinois, einem Vorort von Chicago, geboren. Sie war die einzige Tochter und das jüngste von drei Kindern. Schon als kleines Mädchen war sie gerührt, wenn sie ihrem Großvater bei seinen Tänzen in der Synagoge zuschaute. Sie war fasziniert von seiner Leidenschaft, wenn er das Gebet tanzend verkörperte in seiner sinnlichen Verbindung zu Gott. Da ihr Großvater nur Jiddisch sprach und sie nur Englisch, drückte sich die liebevolle Beziehung zwischen Anna und ihm vor allem durch Körpersprache und Berührung aus. Es war ihr früh klar, dass sie Tänzerin werden wollte. Anna wurde von ihrer Mutter unterstützt, die ihr nahelegte, verschiedene Stile des Tanzes kennenzulernen. Die Realität des klassischen Balletts zeigte ihr früh auf, dass sie nicht in das Schema einer Ballerina passte. Dafür war ihr Lockenkopf zu unbändig, genauso wie der Freigeist, mit dem sie geboren wurde. A force to be reckoned with. Anna war bereits eine lebende Legende, als ich sie als Lehrerin kennenlernen durfte. Im Herbst 1993 kamen 25 Studenten aus der ganzen Welt im Tamalpa Institute in Kentfield, Kalifornien, zusammen. Hier lernten wir im ersten Quartal die Grundlagen des Halprin Life/Art Process. Während drei Wochen wurden wir von Daria Halprin, Annas Tochter, und den anderen LehrerInnen in die Arbeit eingeführt. Wir freuten uns auf die Naturtänze mit Anna auf Sea Ranch, einem Küstendorf nördlich von San Francisco. Daria machte uns klar, dass Anna eine Künstlerin sei und sicher kein Interesse daran habe, unsere Therapeutin zu sein. Anna sei eine Persönlichkeit. In meinen Notizen von damals steht: «Nimm das, was für dich hochkommt, wenn du mit ihr zusammen bist, als eine Ressource für deinen eigenen Prozess und dein Wachstum. Sei dankbar für die Chance, Zeit mit einer Legende zu verbringen. Respektiere die ganze Legende, die ganze Person mit ihren dunklen und hellen Seiten.» Anna war eine Kraft, mit der man sich auseinandersetzen musste. Sea Ranch. Mit dieser Vorwarnung gewappnet fing die zweiwöchige Lehrzeit mit Anna an. Anna hatte klare Grundsätze, beispielsweise: «No tabus – take everything as a resource». Alles war erwünscht, alles durfte von uns als eine Ressource anerkannt und durch den künstlerischen Prozess ausgedrückt werden. Es gab keine Tabus. Wenn wir ein Problem hatten, mussten wir uns tanzend, zeichnend, schreibend damit auseinandersetzen und es dann gehen lassen. «Dance it, draw it, write about it and get over it.» Wir wurden angeleitet, mit der Natur eins zu werden. Sie nicht nur von außen zu betrachten, uns nicht als von dieser separiert zu sehen, sondern uns unserer eigenen Natur bewusst zu werden. Uns als Einheit mit ihr zu bewegen. Wie würden wir uns bewegen, wenn wir ein Baum wären? Sand? Stein? Meer? Werde zur Natur und bewege dich als Teil der Natur. Limitation is the mother of creativity. Einen Score werde ich wohl nie vergessen: Anna hatte zwei Stapel Karteikarten. Auf dem einen waren Aktivitäten und auf dem anderen Elemente aufgeschrieben. Beim ersten Mal zog ich «push» und «sand». Auf ging’s zum Sand schieben! Ein anderes Mal erhielt ich die Karten «hit» und «rock». Zwei Stunden Stein schlagen, na toll! Da waren nun 25 Menschen auf einer sandigen Bucht am Pazifik und benahmen sich von außen gesehen sehr merkwürdig. Ich fand mich nach einer gewissen Zeit auf einem Felsen mit einigen anderen zusammen, die mit Hölzern oder Steinen schlugen. Wir fingen an, im Takt miteinander zu schlagen. Ein Rhythmus entstand und wurde zu einem Lied. Ein Text kam aus unserem Innersten: Too much money to be bored. – Wir haben zu viel Geld bezahlt, um uns zu langweilen. Von Langeweile war jedoch keine Spur. Wir amüsierten uns köstlich und fanden einen kreativen Ausdruck, der uns ein Gefühl von Zugehörigkeit gab. Ich erinnere mich noch, wie ich von da oben Clive sah, der seit Stunden ganz langsam einen riesigen Haufen dickes Seegras den Strand entlanghievte. Als wir am Abend in der Gruppe diesen Score besprachen, stellten wir fest, wie jede Person einen eigenen Prozess durchlaufen hatte; welche Lebensthemen dabei aufschienen, wie wir damit umgingen, was sich in jedem verändert hatte. Es wurde gelacht und geweint. Anna hatte uns am eigenen Leib einen weiteren Grundsatz erleben lassen: «Limitation is the mother of creativity» –Begrenzung ist die Mutter der Kreativität. Da wir auf Sea Ranch zusammenlebten, kamen wir auch mit Anna als Mensch in Berührung. Der nordkalifornische Herbst ist nicht besonders warm. Wir verbrachten die Tage am Strand, eingetaucht in die Elemente, unsere Bewegungen und kreativen Prozesse. Wir waren froh, dass wir am Abend in die Sauna gehen konnten. Anna kam mit uns Frauen mit. Sie zeigte uns den Schlauch und den Einschnitt im Bauch, der es ihr ermöglichte, ihren Darm zu entleeren. Sie erzählte uns von der Krebsdiagnose. Wie sie sich in ihr Ferienhaus auf den Klippen von Sea Ranch zurückgezogen hatte, sich voll und ganz in den kreativen Prozess fallen ließ und den Krebs so konfrontierte und letztlich besiegte. Living at the edge. Eines Tages, in einer Zeit vor unserer Begegnung, tanzte Anna und malte ein lebensgroßes Selbstportrait. Dadurch wurde Anna auf einen Punkt in ihrem Körper aufmerksam gemacht, den sie von ihrem Arzt untersuchen ließ. 1972 wurde dann rektaler Krebs bei ihr diagnostiziert. Er war genau dort, wo sie auf ihrem Bild einen schwarzen Ball gemalt hatte, den sie nicht tanzen konnte. Mit dieser persönlichen Herausforderung änderte sich ihr Leben und ihre Arbeit. Wie konnte sie durch ein Bild eine unbewusste Botschaft erhalten über etwas, das sich in ihrem Körper abspielte? Sie beschrieb dies im Buch «Tanz, Ausdruck und Heilung». Sie entdeckte, dass die Verbindung von Bewegung mit Bildern und einem kreativen Umgang mit Gefühlen das Unbewusste erschließt, eine persönliche Auseinandersetzung initiiert und dadurch heilend wirken kann. Mehr als an ihrer konkreten Heilung war sie daran interessiert, wie dieser Heilungsprozess funktioniert. So forschte sie weiter. Der Halprin Life/ Art Process entstand. Sie begann mit Krebskranken zu arbeiten. In den Achtzigerjahren kam es mit der Aidsepidemie zu einer neuen Herausforderung. Sie kreierte Workshops für Menschen auf der Schneide zwischen Leben und Tod. Sie sprengte auch da immer wieder Konventionen und war eine der Pionierinnen, die sich für die Anerkennung von Tanz als Heilkunst einsetzte. Der ruhende Pol hinter der Legende. Rückblickend frage ich mich, wie sie das alles erreichen konnte. Dabei kommt mir Larry, ihr Ehemann, in den Sinn. Lawrence Halprin war die große Liebe von Anna. Larry war Architekt und so luden sie ArchitektInnen, KünstlerInnen, PsychologInnen in ihr Mountain Home Studio ein und tauschten sich interdisziplinär aus. Larry und Anna beeinflussten sich und ihre Arbeit gegenseitig. In den Sechzigern erforschten Anna und ihr Dancers’ Workshop tanzend Tabuthemen wie Sexualität und Rassismus. In den Siebzigern durchlebten sie gemeinsam Annas Auseinandersetzung mit dem Krebs. In den Achtzigerjahren etablierte Anna mit ihrer Tochter Daria das Tamalpa Institute auf Larry und Annas gemeinsamem Grundstück in Kentfield. In den Neunzigern fing Anna wieder an, auf der Bühne zu tanzen. Bis zu seinem Tod am 25. Oktober 2009 war Larry immer der ruhende Pol an ihrer Seite. Obwohl wir von 1993–1995 fast jeden Tag auf dem Grundstück von Anna und Larry tanzten, sahen wir ihn kaum. Ihr Wohnhaus liegt oberhalb des Studios und er muss uns wohl immer wieder mal gehört haben. Seine Präsenz war jedoch fühlbar. Die Liebe, die Anna für ihn empfand, war offensichtlich. Im Film «Breath Made Visible» ist die Zärtlichkeit und Zuneigung der beiden für immer sichtbar. Zurück im Mountain Home Studio. Im zweiten Teil der Ausbildung führte Anna uns tiefer in die Bewegung ein. Wir lernten unseren Körper den drei Elementen Gravitation, Trägheit und Schwung zu überlassen. Tagelang übten wir Schwingen, Fallenlassen und Wiederaufstehen. Auch machte Anna uns klar, dass wir für andere Menschen nie bestimmte Gefühle herbeiführen können, sondern es unser Job ist, den Rahmen zu gestalten, in dem es den Menschen um uns herum möglich wird, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und Gefühle zu entwickeln. Sie lehrte uns, dass wir ein Augenmerk auf die drei Bewusstseinsebenen Körper, Geist und Emotion haben sollen. Sind diese drei Ebenen in Harmonie, dann ist es die spirituelle auch. Sie war taff, liebevoll und vor allem neugierig. Im Unterricht tanzte sie mit uns. Ich war immer wieder erstaunt, wie agil und lebendig sie mit 73 Jahren noch war. Sie hatte eine Ausdauer, die mich überraschte. Sie tanzte uns – Jahrzehnte Jüngeren – auf der Nase herum. Eines Tages kam Anna zu uns ins Studio herunter. Es war ein besonderer Moment. Sie wollte uns vortanzen. Sie habe seit einiger Zeit an einer Performance gearbeitet und wolle, dass wir die ersten seien, die sie sehen dürften. Es war eine autobiografische Liebeserklärung an ihren Großvater. Das Stück hatte den Titel «The Grandfather Dance». Mit 74 betrat sie das erste Mal seit zwanzig Jahren wieder die Bühne. In den darauffolgenden Jahren gestaltete sie verschiedene Bühnenauftritte, die sich mit Altern und Tod auseinandersetzten. Sie unterrichtete in ihrem Studio bis vor wenigen Jahren wöchentlich. Perlen des Lebens. Nach meiner Ausbildungszeit verlor ich den Kontakt zu ihr. Eines Tages nahm ich mir vor, meine alten Boxen durchzugehen. Meine Habe sollte so in drei Haufen aufgeteilt werden; Sachen zum Fortwerfen, zum Weggeben und zum Behalten. Jedes Mal, wenn mir etwas in die Finger kam von meiner Zeit am Tamalpa Institute, war ich tief gerührt. Mir wurde bewusst, was für wertvolle Perlen mich diese Zeit für mein weiteres Leben finden ließ. 2017 wurde ich angefragt, ob ich ein Buch über John Graham schreiben würde. Da Anna mit ihm über 25 Jahre zusammengearbeitet hatte, sollte ich sie zu ihm interviewen. Zu meinem Erstaunen sagte sie erst einem Interview zu, machte dann jedoch einen Rückzieher, da es für sie zu unangenehm sei. Sie schrieb, dass sie in den Sechzigerjahren einen Streit gehabt hätten und darauf den Kontakt verlorengegangen sei. Als sie im Spital war und sich vom Krebs erholte, besuchte er sie. Und sie sah John, bevor er gestorben ist. Sie gingen als Freunde auseinander. Vor zwei Jahren fuhr ich zu ihrem Mountain Home. Ich klingelte an ihrer Tür und gab das Buch ab. Da ich sie nicht stören wollte, legte ich einfach einen kleinen Zettel für sie bei und bedankte mich bei ihr. Einen Tag später erhielt ich ein E-Mail, ich solle Anna so schnell wie möglich anrufen. Wir sprachen etwa zwanzig Minuten miteinander. Sie freute sich sehr über das Buch, sagte, sie habe Tränen in ihren Augen. Obwohl sie kein Deutsch lesen könne, habe sie das Buch berührt und sie erkenne dessen Schönheit. Sie sei dankbar, dass John so verewigt ist. Nicht nur Legende, allem voran Mensch. Anna fragte mich, warum ich denn nicht gleich ins Haus gekommen sei. Ich sagte, dass ich zu viel Respekt hatte und mich nicht aufdrängen wollte. Sie meinte, sie freue sich immer sehr, wenn frühere StudentInnen sie besuchen kommen. Wir seien Familie. Das nächste Mal soll ich nicht mehr so schüchtern sein. Erst da erkannte ich, dass Anna nicht nur eine lebende Legende war, sondern ein Mensch, der sich einfach freut, wenn sie Besuch erhält und ein Austausch entsteht. Die Auseinandersetzung mit ihrem Leben, jetzt nach ihrem Tod, löste in mir einen Prozess aus. Anna hat in ihren hundert Jahren so viel geleistet, so viele Weichen gestellt, so viele Beiträge geleistet. Wenn ich ein Video oder einen Film über sie sehe, kommen mir heute noch Tränen. Ich merke, dass sie mich immer noch und immer wieder berührt. Diese Frau hatte Chutzpe, eine charmante, kraftvolle, intelligente Dreistigkeit, die ihr in schwierigen Situationen half und zu grundlegenden Transformationen in der Tanzwelt und in der Heilkunst führte. Ihr Sein hat das Leben Tausender von SchülerInnen verändert. Sie hat uns mit ihren tiefen, inneren Sehnsüchten nach Wahrhaftigkeit, kreativem Ausdruck, Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Wildheit und einer unbändigen Lebendigkeit angesteckt. Was für eine Naturgewalt diese Frau war! Ihre Spuren haben einen bleibenden Eindruck in dieser Welt hinterlassen. Sie war wahrlich größer als das Leben selbst. Ihr Vermächtnis lebt weiter – in jedem von uns. Download PDF Here [...]
      Der Brustkorb – das Stiefkind der Massen
      Der Brustkorb – das Stiefkind der MassenDer Kinästhetik zufolge liegt der Brustkorb in der Mitte der Zentralmassen. Leider wird ihm im Pflegealltag viel zu wenig Beachtung geschenkt. Oft hat das mit mangelnder Wahrnehmung des eigenen Brustkorbs zu tun. Ebenso oft wird auch die entscheidende Bedeutung des eigenen Körpers bei der Mobilisierung eines Pflegebedürftigen stiefmütterlich ignoriert. Lasst uns dies ändern. Die Würde des Menschen ist unantastbar, wenn wir lernen, mit unserem eigenen Körper würdevoll umzugehen. Der Brustkorb in der Pflege. Obwohl in der Kinästhetik der Brustkorb eine der zentralen Massen ist, wird er in der Praxis enorm vernachlässigt. Bei vielen Bewegungsunterstützungen wird er von den Pflegenden kaum miteinbezogen. Man ist es gewohnt, die Menschen am Arm zu führen, ihnen sprichwörtlich «unter die Arme zu greifen». Doch so nehmen wir ihnen oft unbemerkt ganz viel ihrer eigenen Handlungsfähigkeit. Wir behindern sie, obwohl wir es so gut meinen. Die Welt «be-greifen». Als Kinder lernen wir die Welt kennen, in dem wir sie «be-greifen». Die Hände nehmen wahr, berühren und erfahren die unterschiedlichsten Gegenstände in der Umgebung. Das Kind lernt, sich aufzuziehen und sich selbst zu halten. Mit Armen und Händen begreift es seine Umgebung und wird selbstständiger. In Würde alt werden durch «be-greifen». In Würde alt werden heißt, dass wir immer noch «be-greifen» wollen und «be-greifen» müssen. Oft verlieren die Menschen im Alter mehr und mehr ihre Selbstständigkeit. Sie sind auf Hilfe angewiesen. Sie wollen jedoch immer noch ihre eigene Selbstwirksamkeit erkennen und erfahren. Mit der Anhäufung verschiedener Gebrechen ist dieses Handeln in der Bewegung oft auf die Arme und Hände reduziert. Vom eigenständigen Handeln und Balancieren. Wir, als wohlmeinende Pflegepersonen, schränken mit unserem Unterstützungsangebot oft unbewusst die Bewegungsfähigkeiten der BewohnerInnen ein. In der Praxis sehe ich immer wieder, wie Pflegepersonen sich vor sitzende, unterstützungsbedürftige Menschen hinstellen, ihnen beide Arme anbieten und sie so zum Aufstehen bewegen. Es wird an den Armen gezogen, die Ellbogen werden nach oben gedrückt, es wird unter den Achseln unterstützt, an Händen geführt und der Oberarm an den Brustkorb gedrückt. Leider behindert das mehr, als dass es die BewohnerInnen in ihrer Selbstwirksamkeit unterstützt. Konzentriere dich auf den Brustkorb. Die Hände und Arme helfen dem Menschen, das Gleichgewicht zu halten. Wenn du auf einem Balken turnst oder im Bachbett von Stein zu Stein gehst, wirst du automatisch deine Arme brauchen, um deine Balance zu finden. Genauso benutzen auch SeiltänzerInnen ihre Arme und Hände zum Ausbalancieren. Konzentriere dich daher als Pflegende lieber auf den Brustkorb und lass die BewohnerInnen selbst handeln und ausbalancieren. Die Anatomie von Schultergürtel und Brustkorb. Nehmen wir doch den Brustkorb aus der Rolle der stiefmütterlichen Nebensächlichkeit und schenken ihm einmal bewusst Aufmerksamkeit. In der Anatomie sehen wir, dass der Schultergürtel mit den Armen über dem Brustkorb hängt. Er ist über das Schlüsselbein mit dem Brustkorb verbunden und hat keine Verbindung mit der Wirbelsäule. So thront der Schultergürtel über dem Brustkorb und die Arme hängen frei. Der Brustkorb besteht aus zwölf Rippen, zwölf Brustwirbeln und dem Brustbein. Zusammen ergibt das eine relativ große Masse mit viel Fläche. Über die Wirbel lässt der Brustkorb Bewegung zu; so kann sich der Brustkorb nach vorne und hinten beugen, sich nach links und rechts drehen. Mit der Atmung kommt zusätzlich eine Ausdehnung und ein Zusammenziehen der Rippen dazu. So ist trotz der großflächigen Stabilität auch Bewegung möglich, ja sogar notwendig. Verkopfte Gesellschaft.In unserem Informationszeitalter sind immer mehr Menschen kopflastig. Der Intellekt wird großgeschrieben. Es gibt aber auch vermehrt Situationen, die den Menschen verunsichern und über die er sich Sorgen macht. Wieder ist der Mensch im Kopf und vergisst dabei seinen Körper. Wen wundert es da, dass in unserer Gesellschaft beispielsweise Rückenschmerzen ein immer größer werdendes Problem darstellen? Kopflastigkeit und starrer Brustkorb.Ich habe das am eigenen Körper beobachtet. Wenn ich gerade vieles im Kopf rumwälze, atme ich nur ganz oberflächlich. Meine Rückenmuskeln halten den Brustkorb zusammen, sie sind aktiv und strengen sich an, als wollten sie mithelfen. Die Bewegungen im Brustkorb sind stark reduziert. Es findet eine Art  Versteinerung  statt  mit  verminderter Sauerstoffzufuhr. Auf der somatopsychologischen Ebene findet eine «Panzerung der Gefühle» statt. «Entpanzerung» des Brustkorbs. Wenn ich mir meiner Verspannung im oberen Rücken bewusst werde, kann ich lernen, meine Muskeln zu entspannen. Das Liegen auf einer harten Unterlage hilft, die Rückenverspannungen besser wahrzunehmen. Langsame, aufmerksame Drehund Dehnbewegungen, gepaart mit einer verlängerten Ausatmung, unterstützen dieses bewusste Loslassen. In dem Moment, in dem sich die Muskeln entspannen, fließt der Atem automatisch wieder vermehrt ein. Die Atembewegung wird größer. Der Rippenbogen dehnt sich aus. Die Organe haben wieder mehr Platz. Ich komme aus meinem Kopf raus und in meinen Körper hinein. Und siehe da: Oft kommen dann auch die Lösungen wie von selbst. Ich bin nicht mehr in einer mentalen und körperlichen Anspannung. Die Erstarrung des Denkens wurde aufgehoben durch den Fluss des Atems und die Bewegungen des Brustkorbs. Diese Organe brauchen Platz und Bewegung. Bleiben wir noch einen Moment bei der Anatomie. Oben haben wir die knöcherne Struktur des Brustkorbs betrachtet. Was  befindet  sich  unter  dieser  Struktur und was ist ihre Aufgabe? Der Rippenbogen gestaltet einen Hohlraum, in dem  lebensnotwendige  Organe ihren Sitz haben und von der knöchernen Struktur geschützt werden. Da liegen Herz, Lungen, Nieren, Magen, Gallenblase und Leber. Probieren Sie es doch gleich mal bei sich selbst aus.Legen Sie eine Hand oder die Finger auf Ihr Brustbein und – so gut es geht – den Handrücken Ihrer anderen Hand auf den Rücken. Drücken Sie dann mit dem  Brustbein  in  Richtung  Finger.  Drücken  Sie  danach mit den Fingern das Brustbein zurück und nehmen Sie die Bewegung im Rücken wahr. Einatmen, Richtung Finger. Ausatmen, wieder zurück. Machen Sie das ein paarmal. Am Anfang braucht es vielleicht noch ein wenig Übung um die Achtung auf diese differenzierte Bewegung des Brustkorbes zu bringen. Wenn Sie diese Übung ausführen, beobachten Sie, was alles in Bewegung kommt. Was nehmen Sie in Ihren Schultern wahr? Was spüren Sie in Ihrem Nacken? In dieser kleinen Bewegung spielt vieles zusammen. Es ist eine wahre Freude, damit zu spielen und zu forschen, vor allem auch während der Arbeit mit anderen Menschen. Wie können Sie Ihren eigenen Brustkorb und auch Ihr Brustbein in Ihre Pflegetätigkeit miteinbeziehen? Je mehr wir uns bewusst werden, wie beweglich unser eigener Brustkorb eigentlich ist, desto besser können wir die BewohnerInnen unterstützen, vielfältigere Wege für ihre Bewegungen zu finden. Überall am Rücken, wo wir  die  Rippen  der  BewohnerInnen  spüren, kann leichter Druck aufgelegt werden.  Mit  den  Bewegungsmöglichkeiten der Wirbel kann auch eine Richtungsänderung herbeigeführt werden. Dazu kann schon eine federleichte Hand genügen. Folgen eines starren Brustkorbes.Was passiert, wenn wir verkopft sind und nicht mehr richtig atmen? Die Organe werden eingeengt und bekommen zu wenig Sauerstoff. Das kann verschiedenste Krankheiten hervorrufen. Ohne Bewegung fehlt den Organen die zusätzliche innere Massage. Sie gleiten weniger. Das Bindegewebe verklebt sich und engt das Organ noch mehr ein. So können unbemerkt Langzeitschäden auftreten. Der natürliche Atem.Bei einem natürlichen, vollen Atem dehnt sich das Zwerchfell nach oben und unten aus. Zusätzlich hilft die Atembewegung des Brustkorbes mit, die Organe rhythmisch sanft zu massieren. Die Organe erhalten bei einem vollen Atem mehr Sauerstoff, was für den Stoffwechsel essenziell ist. Das Bindegewebe bleibt fließend, umhüllt die Organe und hilft mit, dass sie sich frei bewegen können und gut durchblutet bleiben. Folgen des natürlichen Atems. Auf der knöchernen Ebene gewährleistet ein natürlicher, voller Atem die rhythmische Bewegung des Ausdehnens und Zusammenziehens des Brustkorbes. Die  Wirbel  werden mit jedem Einund Ausatmen sanft bewegt, was den Bandscheiben hilft, «schwammig» zu  bleiben.  Das Brustbein hebt und senkt sich, was eine sanfte Bewegung in den Schulterblättern, Schultern und dem Nacken nach sich zieht. Diese Bewegung hilft den Muskeln, die chronischen Anspannungen loszulassen. Ist volle Einatmung noch möglich?Können ältere Menschen mit Multimorbidität noch tief durchatmen? Ein Phänomen des Menschseins ist es, dass wir uns vom Schmerz wegbewegen, anstatt zu ihm hinspüren. So passiert es, dass sich in jedem Menschenleben Vermeidungsstrategien und   Schonhaltungen   ansammeln und kumulieren. Es macht Sinn, dass bei akuten Schmerzen ein Mechanismus entsteht, der auf das Ausweichen bedacht ist. Im Zuge der Genesung ist es jedoch vonnöten, diese Mechanismen bewusst wieder zu lösen. Ansonsten  verliert  der  Körper  immer  mehr an Bewegungsspielraum und kommt der Starre näher. Dies wiederum bringt ein Erstarren der körpereigenen, organischen Systeme mit sich. Was hat dies nun alles mit der Pflege zu tun? Indem wir unser Augenmerk vermehrt auf den Brustkorb der BewohnerInnen lenken, finden wir neue Wege, sie bezüglich dieser stabilen Masse zu unterstützen. Das wiederum hilft den Menschen, sich selbst dieser Körperteile bewusst zu werden. Aber auch auf ganz körperlicher, biologischer Ebene hilft es den  BewohnerInnen,  wieder mehr Bewegung und somit auch Sauerstoff in den eigenen Körper, in die Zellen zu bringen. Bewegungsfreiheit und das Brustbein. Wenn der Brustkorb das Stiefkind der Massen ist, so ist das Brustbein das Stiefkind des Brustkorbes. Ist es nicht spannend, wie selten in der Pflege das Brustbein der BewohnerInnen unterstützt wird? Es scheint mir  ein Tabu zu sein, den Menschen dort zu berühren. Ja, es ist die Vorderseite des Menschen und von daher intimer als der Rücken. Wenn wir jedoch noch einmal zur Anatomie zurückgehen, sehen wir, dass das Brustbein der größte und stabilste Knochen im ganzen Brustkorb ist; trotzdem lässt er Bewegung zu. Es ist eine kleine, feine Bewegung, die aber phänomenale Auswirkungen hat. Unterstützung des Brustkorbes. Das gebückte Gehen muss nicht sein  oder  kann  erleichtert  werden,  wenn wir den BewohnerInnen vor dem Gehen die Zeit und den Impuls geben, sich erst einmal aufzurichten. Es ist zudem spannend, wie viel Bewegung bei BewohnerInnen möglich ist, wenn wir eine Hand bei ihrem Brustbein und die andere auf ihrem Rücken haben. Interessant ist es, zu beobachten, wie Pflegepersonen BewohnerInnen beim Aufstehen vom Stuhl unterstützen. Unbedarft und  gleichzeitig  entwürdigend ist dabei wohl der «Hosenlupf», bei dem die Pflegende die BewohnerIn am Hosenbund hochzieht. Wie viel leichter und würdevoller ist es da, dem Menschen eine Hand auf den Rücken zu legen und ihn zu unterstützen, das Gewicht des Oberkörpers über die Beine zu organisieren, bis sich das Gesäß wie von allein vom Stuhl hebt? Auch beim Aufstehen vom Bett kann beispielsweise eine Hand auf dem Rücken und ein gemeinsamgleichzeitiges Aufstehen genügen. Ich denke, wenn wir weniger am anderen tun und mehr mit der eigenen Anatomie sowie derjenigen der BewohnerInnen mitgehen, führt das zu einer enormen Erleichterung für die Pflegenden. Gleichzeitig erfahren wir mehr Freude und Neugier für das Miteinander. Die BewohnerInnen können durch die Unterstützung am Brustkorb ihre eigenen Arme und Hände wieder vermehrt einsetzen. Dies gibt ihnen Selbstbestimmung, mehr Lebensqualität und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Die Würde der Menschen ist gewährleistet und respektiert. Mit dieser bewegten Anatomie ist somit allen gedient. Probieren Sie es aus und entdecken Sie es selbst. ● Download PDF Here [...]
      Somatik und Kinaesthetics
      Somatik und KinaestheticsAls Tänzerin und somatische Bewegungstherapeutin habe ich vor Kurzem Kinaesthetics kennengelernt. Dadurch drängte sich mir die Frage nach einem Vergleich der beiden Fachgebiete auf. Auf in die neue Welt. Anfang der 90er-Jahre zog es mich für meine zweite Ausbildung nach Kalifornien. Ich war auf der Suche nach einer Ausbildung, bei der es weniger ums Pauken von Schulwissen geht, sondern darum, die eigene Erfahrung zu schulen. Mir war klar, dass ich Menschen nur so weit begleiten kann, wie ich auch selbst zu gehen bereit bin.Nun war ich also in Kentfield, in diesem kleinen Dorf nördlich von San Francisco. Ich fuhr mit mei-nem VW Rabbit die kurvige Straße hoch Richtung Mount Tamalpais. In der bewaldeten Gegend hatte es einige Residenzen. Ich kam beim Parkplatz an, wo mich einer meiner zukünftigen Lehrer begrüßte. Er wies mich zu einer großen Holztür im Zaun. Ich ging da durch. Unsere Tanzbühne. Eine Naturtreppe führte mich hinunter zum Studio. Ich erblickte Anna Halprins Tanz-Deck unter dem freien Himmel, auf dem schon ganz viele bekannte Füße getanzt hatten. Hier wurde über Jahrzehnte Tanzgeschichte geschrieben. Dies wird also für mich zusammen mit 24 anderen Menschen aus aller Welt für die nächsten Monate das Zuhause sein, unsere Werkstatt. Hier werden wir von Montag bis Freitag mindestens sechs Stunden lang tanzen, uns bewegen. Hier werden wir in unsere eigenen Lebensgeschichten eintauchen. Hier werden wir unsere Anatomie kennenlernen und das Wissen sogleich in Bewegung umsetzen und weiter erforschen. Hier werden wir durch den Ausdruck des Tanzens, des Malens und des Schreibens zum Archetypischen unserer Körpergeschichten vorstoßen. Hier werden wir auch lernen, dieses Archetypische wieder zurück in unsere Kunst einfließen zu lassen, um Kunst zu machen, die bewegt. Thomas Hannas Somatik. Nach zwei Jahren war ich reich an Erfahrungen und Schätzen. Zur Graduation des Tamalpa Instituts gehörte unter anderem ein «Final Paper» und eine «Final Performance». Danach war ich zertifizierte Halprin Life/Art Practitioner. Voller Elan und mit viel Pioniergeist stellte ich diese Arbeit vor und führte Workshops durch. Um einen internationalen Abschluss zu erhalten, musste ich zusätzlich einige Stunden neuromuskuläre Musterveränderung in der Praxis vorweisen können. Ich entschied mich, Somatik von Thomas Hanna zu lernen. Die Handgriffe in der Einzeltherapie waren klar vorgegeben. Auch in der Gruppe war die Anleitung ganz genau vorgeschrieben – ein großer Unterschied zu dem, was ich unterdessen im Zusammenhang mit Kinaesthetics erfahren konnte. Es war auch ein extremer Kontrast zur Ausbildung am Tamalpa Institut, wo wir uns mit sehr wenig Theorie auseinandersetzten. In dieser Hinsicht war dies eine tolle Abrundung meiner Ausbildung. Nun hatte ich alle Anforderungen erfüllt, um mich bei ISMETA.org (International Somatic Movement Education and Therapy Association) als somatische Bewegungstherapeutin registrieren zu lassen. Zurück in der Schweiz. Mehr als zwei Jahrzehnte später kehrte ich wieder in die Schweiz zurück. An einem Freitag besuchte ich meine Homöopathin. Nach der Behandlung fragte sie mich: «Was möchtest du denn jetzt machen, da du wieder in der Schweiz bist?» Ich erzählte ihr von meinen verschiedenen Interessen. Davon, dass ich ein Buch schreiben möchte und bereit bin, wieder Bewegungswahrnehmung in Workshops und Trainings zu vermitteln. «Ich wünsche mir, mit Teams zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Ideen zu realisieren und zu verbreiten. Ich will die neueste Technologie benutzen, um mehr Bewusstheit zu fördern in den Bereichen des Gesundheitswesens, der Altenpflege sowie in der Erziehung und in zwischenmenschlichen Beziehungen.» Ich erzählte ihr von Erfahrungen in den USA, von neuen Formen der Geschäftsführung, der Werbung, des Erwerbs, des Publizierens. Ich teilte ihr mit, dass es ein «Project Heaven on Earth» gibt, das weltweit vernetzt ist, und dass ich auch mit dabei bin, gemeinsam den Himmel auf Erden zu erschaffen.Am nächsten Morgen traf ich einen Kollegen. Auch er fragte mich nach meinen Visionen und nach dem, was ich denn nun machen möchte. Ich erzählte es ihm. Zu meiner Überraschung sagte er nach einer Weile genau das gleiche, wie die Homöopathin am Vortag: «Du musst unbedingt mit Stefan Knobel reden.» Und wie das Schicksal so spielt, stellte mir mein Kollege diesen Mann am selben Nachmittag noch persönlich vor. Verbindende LehrerInnen, verbindende Gedanken. Ich erinnere mich, wie wir ein paar Wochen später in Siebnen am Hauptsitz von Kinaesthetics Schweiz unser erstes Gespräch hatten. Als ich Stefan zuhörte, dachte ich: «Der tönt ja wie ich. Jetzt redet mal ein anderer als ich von der modernen Sklaverei.» Unsere Gedankengänge fanden sich. In sehr kurzer Zeit wurde die Verwandtschaft klar zwischen diesen beiden Ausbildungsrichtungen: dem Tamalpa Institut in Kalifornien sowie von Kinaesthetics in Europa (siehe Kasten).Gegen Ende fragte er mich, ob ich ihm eventuell ein Interview mit der Tanzpionierin Anna Halprin vermitteln könne. Er trage seit vier Jahren ein Buchprojekt in sich, das er gerne verwirklichen würde. Er fragte mich: «Kennst du den Namen John Graham?», denn er wolle ein Buch über diesen Kinaesthetics-Mitbegründer schreiben. «Natürlich kenne ich diesen Namen! Ich wusste aber nicht, dass er auch einer der Kinaesthetics-Pioniere war. Ich habe während meiner Ausbildungszeit im Tamalpa Institut immer wieder Geschichten über John gehört. Er war ein ganz wichtiger Mensch für Anna Halprin. Er hat jahrzehntelang auf dem Tanz-Deck in Kentfield mit Anna Halprin getanzt und geforscht. Außerdem haben sie gemeinsam ganz viele tolle und wichtige Performances gemacht, die Geschichte schrieben.» Als Stefan das Leuchten in meinen Augen sah, fragte er mich, ob ich Mitautorin des Buchs über John Graham sein möchte. Dieselben Fragen. Wie funktioniert der Mensch? Was ist Bewusstsein? Wie setze ich meinen Körper ein, um mehr im Hier und Jetzt zu leben? Diese Fragen faszinieren mich schon ein ganzes Leben lang. Und genau diese Fragen stehen auch im Zenrum von Kinaesthetics – und Kinaesthetics Schweiz hat seinen Sitz in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin und leben will. Ich besuchte darauf einen Kinaesthetics-Grund- und -Aufbaukurs und die weitere Zusammenarbeit begann. Gemeinsam bringen Stefan und ich den Tanz und Kinaesthetics zusammen. Wir bieten einen Kinaesthetics-Grundkurs Kreatives Lernen mit dem Thema «Kinaesthetics und Contact-Improvisation» an. Im Vorfeld des Kur-ses kam die Frage auf, was eine somatische BewegungstherapeutIn ist. Auf diese gehe ich im Folgenden ein. Somatische BewegungstherapeutIn. Unter einer BewegungstherapeutIn können sich wahrscheinlich die meisten Menschen etwas vorstellen. Ich denke, das Problem liegt beim Wort «somatisch». Was bedeutet es?Das Wort kommt vom griechischen Adjektiv «somatikós», das «körperlich, den Körper betreffend» bedeutet. Bei Thomas Hanna bedeutet es «von innen erfahrend und reguliert» und «Soma» bezeich-net das lebende, sich selbst bewusste, sich regulierende und beobachtende Wesen, das dem Körper innewohnt. Thomas Hanna hat den Begriff «Somatik» (englisch Somatics) geprägt. Somatik beschreibt das Studium des Selbst aus der Perspektive der eigenen, gelebten Erfahrung von Körper, Psyche und Geist.Anatomisch gesehen basiert der kinästhetische Sinn auf einer Vielfalt von Rezeptoren. Diese Rezeptoren sprechen auf innerliche Unterschiede des Drucks, der Anstrengung sowie der Orientierung und Stellung der Körperteile an. Der kinästhetische Sinn erschließt uns die innere, lebendige Realität unserer Körpers.Der kinästhetische Sinn ist im Somatischen enthalten, aber nicht umgekehrt: Soma bedeutet das sich selbst wahrnehmende, verkörperte Wesen. Der kinästhetische Sinn ist somit ein Teil des Soma, das Soma ist jedoch mehr als der kinästhetische Sinn. Das Soma ist die Gesamtheit des inneren Wahrnehmens und schließt die Gedanken- und Gefühlsmuster mit ein. Es ist eine ganzheitliche Schau auf das individuell verkörperte Wesen. Die Arbeit einer somatischen BewegungstherapeutIn. Als somatische Bewegungstherapeutin unterstütze ich Menschen in ihrer Selbstwahrnehmung. Die Gedanken- und Gefühlsmuster bilden zusammen mit den Bewegungsmustern eine Gestalt. Diese Gestalt ist die Persönlichkeit, die Identität, die ein Mensch sich erschafft. Die Verhaftung mit dieser Identität führt oft zu Leiden, denn das Leben ist Bewegung und Veränderung. Wenn wir an der vermeintlichen Sicherheit der aufgebauten Identität festhalten, schafft das Reibung und Diskrepanz. Ein sogenannter fluider Bewegungsapparat ist meistens gepaart mit einem gesunden Mental- und Emotionalkörper. Als somatische Bewegungstherapeutin schaue ich gemeinsam mit der KlientIn die Lebensmuster an. Der Hauptfokus liegt auf dem Körper und den Bewegungen. Oftmals können Probleme auf der mentalen und emotionalen Ebene durch einfache Bewegungen verändert oder sogar aufgelöst werden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Was ist der Unterschied zwischen Kinaesthetics und der somatischen Bewegungstherapie? Bei der Arbeit mit Menschen geht es in beiden Fachgebieten um die Schulung der inneren Wahrnehmung. Bei beiden geht es um das Erkennen von Mustern. Darum, die eigene Kompetenz zu erweitern und im Alltag mehr kreative Möglichkeiten zu erschließen. Um die Entfaltung des menschlichen Potenzials. Und um eine Erhöhung der Lebensqualität. Wo ist dann der Unterschied? Im großen Ganzen überwiegen wohl die Gemeinsamkeiten. Ein Unterschied besteht jedoch in der grundsätzlichen Haltung. Auf Augenhöhe. Ich fühlte mich nie richtig wohl mit den Bezeichnungen LehrerIn oder TherapeutIn. Beide bezeichnen für mich eine hierarchische Beziehung. In meinem Beruf treffe ich Menschen auf Augenhöhe, ohne Hierarchie. Es ist eine Verbindung von Mensch zu Mensch. Es ist ein gemeinsames Lernen und Erforschen. Ich stelle dem anderen all mein Gelerntes, meine Erfahrungen, meine Methoden zur Verfügung für die Vertiefung der eigenen Wahrnehmung. Da passt der Ausdruck TrainerIn eigentlich viel besser. Ich bin sehr fasziniert von der Forschungsebene von Kinaesthetics. So sehe ich mein eigenes Dilemma mit den Begriffen LehrerIn oder TherapeutIn in der Theorie von Behandlungsparadigma versus Lernparadigma widergespiegelt. Als somatische Bewegungstherapeutin bin ich ja ganz klar Teil des Behandlungsparadigmas. In der inneren Wahrnehmung meiner Arbeit ging es mir jedoch von Anfang an immer um die Anwendung des Gelernten im Alltag des Lernenden. Nicht die Behandlung einer Krankheit steht im Vordergrund. Es geht vielmehr darum, Werkzeuge zu vermitteln, die dem Menschen helfen, die Vielfalt der Bewegung und des Seins erfahren, leben und genießen zu können. Vom Behandlungs- zum Lernparadigma. Ein Paradigmenwechsel scheint dringend nötig zu sein, ein Wechsel von der Bestimmungsmacht der Gesundheitsindustrie hin zur Entfaltung des eigenen menschlichen Potenzials. Die wissenschaftliche Medizin, die sich mit der Pathogenese beschäftigt, hat große Fortschritte gemacht. Was es aber nun braucht, ist die Entwicklung der Salutogenese. Es geht darum, die subjektive Erfahrung des Menschen zu nutzen und zu unterstützen. Es ist wichtig, neben der 3.-Person-Forschungsmethode (der Körper als objektiver, mechanischer Gegenstand) die 1.-Person-Methode (der Körper aus subjektiver Sicht meiner eigenen, momentanen Erfahrung) zu entwickeln. Wir brauchen einen Wechsel vom Behandlungsparadigma hin zum Lern- und Entwicklungsparadigma. Es gibt sehr viele medizinische Koryphäen. Es gibt sehr viele ExpertInnen, die über den einzelnen Menschen und die Behandlungsmöglichkeiten entscheiden. Aber es gibt nur den einen Menschen, der den eigenen Körper von innen her wahrnehmen kann. Solange dieser Experte des eigenen Körpers nicht in ein gemeinsames Lernen mit den medizinischen ExpertInnen einbezogen wird, sind und bleiben die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Gemeinsamkeiten. Sicher gibt es Unterschiede zwischen Kinaesthetics-TrainerInnen und somatischen BewegungstherapeutInnen. Die Übereinstimmungen scheinen jedoch zu überwiegen. Verbindend ist die Überzeugung, dass die Krise des Gesundheitswesens dringend einen Paradigmenwechsel braucht. Die Pionierarbeit von Kinaesthetics sowie der somatischen Bewegungstherapie können gemeinsam einen Gegenpol bilden hin zu einer ganzheitlicheren Gesundheitsentfaltung. Die Schulung der eigenen Wahrnehmung und der Einbezug dieser individuellen Wahrnehmung in die Medizin und das Gesundheitswesen ist ein Schritt, der absolut notwendig ist. Es gibt viel zu tun, packen wir es an! Kinästhetik. 3. Bulletin August 1982 (S. 4), Auszug aus dem Editorial: Durch die Gründung eines Vereins hoffen wir auf Interaktionen in der immer mehr an Bedeutung gewinnenden Lehre «kreatives Lernen durch Bewegung als Einheit». Der Verein wird uns helfen, uns in Form und Inhalt eines neuen Berufes zu behaupten. Anna Halprin und andere Mitglieder des Tamalpa Institutes in San Francisco kamen mit Lenny Maietta und Frank Hatch überein, einen Austausch zwischen den beiden Institutionen zu fördern. Die gemeinsame Aussage über ihre Arbeit:«Wir bewegen uns in Richtung eines breiten Feldes in kreativem Lernen durch Bewegung als Einheit. Wir betrachten Bewegung als den Prozess, durch welchen jedes menschliche Verhalten sich entwickelt und sich ausdrückt. Die Einsichten aus diesem Feld sind von großem Interesse für Psychologen, Erzieher, Mediziner und Soziologen, genauso wie für Künstler in allen Gebieten. Der Verein für Kinästhetik ist ein Zentrum dieses sich erschließenden Feldes. Es gibt andere in der Welt, welche wir gerne empfehlen. Wir offerieren Kurse in Europa und in Amerika, verteilt auf das ganze Jahr. Auch führen wir eine Liste von allen Leuten, welche in diesem Feld unterrichten.» Download PDF Here [...]
      Kunst, die bewegt
      Kunst, die bewegtGedanken während der TrainerInnen-Ausbildung Fasziniert hat die Autorin beobachtet, wie eine Kinaesthetics-Trainerin mit ihrem Vater arbeitete und in kurzer Zeit scheinbar Unmögliches ganz spielerisch möglich wurde. Jetzt ist sie selbst in der Ausbildung zur Kinaesthetics-Trainerin Stufe 1 und ist sich sicher: Kinaesthetics ist eine Kunst – eine Kunst, die bewegt. Körperbewusstseinsarbeit. In den 1980er-Jahren brachten Frank Hatch, Lenny Maietta und John Graham ihre Arbeit, die sie damals «Gentle Dance», «Touch Well» und «Kinaesthetics» nannten, nach Europa. Zusammen mit 15 weiteren Personen gründeten sie in Zürich den «Verein für Kinästhetik» und legten damit den Grundstein für eine sehr nachhaltige Entwicklung. Die Arbeit der GründerInnen-Generation von Kinaesthetics wurde maßgeblich beeinflusst von den PionierInnen der Körperbewusstseinsarbeit. Das waren unter anderen Moshé Feldenkrais, Frederick Matthias Alexander, Fritz Perls und Anna Halprin. In der Arbeit von Anna Halprin wird ein Symbol verwendet, das meines Erachtens dabei helfen kann, den Teil von Kinaesthetics besser zu verstehen, der künstlerisch gestaltend ist. Die zwei Spiralen. In der Ausbildung zur Halprin-Life/Art-Practitioner lernten wir das Symbol der zwei Spiralen kennen. Die innere Spirale fängt außen an, wird kleiner und führt mehr und mehr in die Mitte. Die zweite Spirale führt aus dieser Mitte hinaus und wird immer größer. Im Halprin-Life/Art-Process führt die erste Spirale durch Tanz, Zeichnen und Schreiben in ein vertieftes Verstehen der eigenen Geschichte und dem Archetypischen in unserem persönlichen Leben. Die zweite Spirale symbolisiert dieses tiefere Verstehen, durch das man den menschlichen Aspekt in den Tanz oder eine andere Kunstform fließen lassen kann, wodurch wiederum das Archetypische im Zuschauer angesprochen wird. Man kann sagen: Die eine Spirale entfaltet ihre Wirkung nach innen, die andere nach außen. Daraus entsteht Kunst, die nicht nur technisch ausgeführt wird, sondern durchtränkt ist mit den eigenen, tiefen Erfahrungen des Menschseins. Diese Art der Kunst berührt, weil sie auf einer archetypischen Ebene Teile in Resonanz bringt, die wir in uns selber erkennen. Sie geht unter die Haut und bringt die Dinge in eine Bewegung, welche die persönliche Evolution, also die Entwicklung des eigenen Lebens unterstützt. Lost in translation. In einer früheren Ausgabe der Zeitschrift LQ habe ich gelesen, dass Kinaesthetics Sprachentwicklung ist. Es ist die Kunst, die richtigen Worte zu finden, das Unaussprechbare zu artikulieren. Wir werden herausgefordert, Worte zu finden für innere Empfindungen, die oft eher vage sind. Es geht darum, die naheliegendsten, alltäglichen Erfahrungen beschreiben zu können. Da ich über zwanzig Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt habe, sind mir amerikanische Ausdrücke oft geläufiger als deutsche. Es fasziniert mich immer wieder, die Unterschiede der beiden Sprachen zu erforschen. So finde ich es sehr interessant, wie im Englischen mit dem Begriff «Kunst» umgegangen wird. Kampfsport heißt beispielsweise «martial arts», also Kampfkunst, die Sprachwissenschaften werden «language arts» genannt, also Sprachkünste. Lineares und zirkuläres Denken. In der Kinaesthetics-Ausbildung lernen wir den Unterschied zwischen linearem und zirkulärem Denken. Um diesen Sachverhalt besser zu verstehen, half mir die Gegenüberstellung zweier Begriffe, die beide sowohl im Deutschen als auch im Englischen existieren: dem «Dominoeffekt», (englisch «domino effect») und dem «Welleneffekt» (englisch «ripple effect»). Die beiden verweisen auf unterschiedliche Denkweisen. Der Begriff Dominoeffekt rührt ursprünglich vom Dominospiel her. Bei diesem wird eine Reihe von Dominosteinen hintereinander aufgestellt. Wenn man den ersten Stein antippt, löst das den Dominoeffekt aus und die Steine fallen einer nach dem anderen um. Der Fall eines Steines löst den Fall des nächsten aus. Der Begriff für diesen Prozess kann in übertragener Bedeutung auch auf andere Vorgänge angewendet werden, die aus einer Abfolge sich bedingender Ereignisse bestehen. Der Dominoeffekt steht dadurch auch für lineares Denken. Beide haben einen klaren Anfang, eine klare Richtung und ein klares Ende. Der Begriff Welleneffekt bezieht sich auf die Beschaffenheit einer Wasseroberfläche. Wirft man einen Stein ins Wasser, erzeugt das konzentrische Kreise respektive Wellen. Es werden immer wieder neue Kreise geformt, die sich ausdehnen und mit allem auf ihrem Weg interagieren. Dabei ist schwierig zu sagen, wie weit diese Kreise ziehen. Mir erscheinen sie unendlich. Ähnlich ist es mit dem zirkulären Denken. Verschiedene Einflüsse bilden konzentrische Kreise, die immer weitergehen. Die Möglichkeiten scheinen unendlich. Die Kunst von Kinaesthetics. Was hat dies alles nun mit Kinaesthetics zu tun? Schauen wir uns nochmals das Symbol der Spiralen an. Die einwärts fließende Spirale steht für die Entwicklung des eigenen kinästhetischen Sinnes, der in der eigenen Auseinandersetzung mit sich selbst und in der Begegnung mit anderen Menschen geschult wird. Je mehr der kinästhetische Sinn ausgebildet wird, desto größer ist die Bewegungskompetenz sowie auch die Bewegungsfreiheit. Die Kunst von Kinaesthetics sehe ich in der zweiten Spirale. Wie setze ich diesen geschulten kinästhetischen Sinn und diese erhöhte Bewegungskompetenz ein, um im Außen neue Möglichkeiten zu gestalten? Wie kann ich das zirkuläre Denken einsetzen, um Wege zu gehen, die mir vorher verborgen geblieben wären? Wie kann ich eine Leichtigkeit des Seins in die Arbeit und meinen Alltag bringen, die für mich die Kunst von Kinaesthetics ausmacht? Kunst ist Mühelosigkeit. Wenn eine TänzerIn jahrzehntelang täglich geübt hat, sieht ihr Tanz schwerelos und leicht aus. Ähnliches erfahre ich auch, wenn ich Kinaesthetics-TrainerInnen zuschaue, die die Kunst von Kinaesthetics in ihrem eigenen Wesen verkörpern. Eine dieser Kinaesthetics-Künstlerin-nen ist Ruth Knobel. Ich habe sie erlebt, wie sie mit meinem Vater, der in BESA-Stufe 11 eingeteilt war, umgegangen ist. In-nerhalb einer halben Stunde konnte er fast selbstständig vom Liegen im Bett ins Sitzen auf der Bettkante kommen. Er selbst konnte es kaum glauben. Er war so beeindruckt, dass er sofort ja sagte, als wir ihn fragten, ob er noch den Transfer vom Rollstuhl in den PKW üben wolle. Siehe da, auch das ging fast mühelos.Fasziniert schaute ich Ruth Knobel zu, wie sie sich bewegte, wie sie scheinbar leicht und ohne Anstrengung jegliche Problemsituationen meisterte. Für mich verkörpert sie die Kunst des kinästhetischen Seins. Die Kunst, der eigenen Körperweisheit zu folgen und so das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Die Nuancen der Welt sehen. Genau diese Kunst in mir selbst zu erfahren und zu leben, hat mich bewogen, die Ausbildung zur Kinaesthetics-Trainerin anzugehen. Obwohl ich schon seit frühester Kindheit im kinästhetischen Wahrnehmen geschult wurde, ist mir jetzt bewusst geworden, was für einen weiten Weg ich noch vor mir habe. Ich merke beispielsweise, wie oft ich in ein lineares Denken verfalle. Das lineare Denken hat mich immer wieder beschränkt: Ich teilte die Welt in Gut und Böse ein, statt sie in ihren unterschiedlichen Nuancen zu sehen. So war lange Zeit für mich klar, dass 2 + 2 = 4 ist und nicht 2 + 2 = grün, wie Heinz von Förster in einem seiner Vorträge vorschlug. Zirkulär zu denken war mir fremd. Das lineare Denken wird gesellschaftlich anerkannt, vergöttert und uns auf Biegen und Brechen eingedrillt. Daraus auszubrechen, kommt oft nicht von selbst. Es braucht Übung und Disziplin, sich selbst ein zirkuläres Denken anzueignen. Das zirkuläre Denken ist eine Möglichkeit, mit der gesamten Farbpalette, mit den Primär- und Mischfarben des Universums zu gestalten. Die Kunst von Kinaesthetics beinhaltet dieselbe Transformation. Nicht das Urteilen in richtig und falsch, sondern die Frage: «Was ist auch noch möglich?» wird in den Mittelpunkt gestellt. Diese Transformation der Betrachtungsweise ist wie der Unterschied und der Übergang von Schwarz-Weiß-Filmen zu Filmen in Technicolor. Der ursprüngliche Sinn der Kunst. In der heutigen Gesellschaft wird Kunst oft zu einem Konsumgut degradiert. Sie soll unterhalten, aber schön an der Oberfläche bleiben. Sie soll das Boot unserer Bequemlichkeiten ja nicht ins Wanken bringen. Diese Art von Kunst verfehlt das der Kunst eigentlich innewohnende Potenzial, Katalysator für die persönliche Evolution der Menschen zu sein. Eine ursprüngliche Funktion der Kunst war und ist es, die Gesundheit der Mitglieder des Kollektivs zu gewährleisten. So kann es sein, dass Kunst die Gesellschaft aufrüttelt, dass sie Dinge aufzeigt, die nach Veränderung rufen. Wahre Kunst spricht das Unaussprechbare aus, sie macht das Unsichtbare sichtbar. Wahre Kunst hat auch eine gewisse Narrenfreiheit. So durfte ein Narr am Hof das aussprechen, worüber alle tuschelten, aber über das niemand sonst laut sprechen durfte. Diese Rolle war und ist sehr wichtig für eine Gesellschaft. Die Kunst von Kinaesthetics. Was ist der kreativ-gestalterische Aspekt von Kinaesthetics? Wie weit geht dessen Einflussbereich? Was kann man mit Kinaesthetics aufzeigen und aussprechen, das zur Gesundung der Gesellschaft beiträgt? Wie setzen wir unsere eigene Narrenfreiheit in unserer Arbeit und im Privatleben um? Wie kann Kinaesthetics uns helfen, auch andere Bereiche unseres Lebens neu zu erfahren? Wie können wir mit Kinaesthetics neue Wege gehen? In Kinaesthetics steht das Lernen im Mittelpunkt. Es ist die Kuriosität, die Neugier, die Forscherfreude, die mir immer wieder begegnet. Die Menschen werden in ihrem Lernprozess abgeholt und unterstützt. Das, was möglich ist, rückt in den Vordergrund. Gemeinsames Lernen und Erfahren ist angesagt. Die Lebenserfahrung und Würde eines Menschen wird wertgeschätzt. Nicht das Wissen, sondern die Entwicklung und das Lernen stehen im Mittelpunkt. Kinaesthetics bedingt den Mut, demütig und ohne vorgefasste Meinungen an neue Situationen heranzugehen. Es bedingt den Mut, bereit zu sein, neue Wege zu gehen, und die Dinge aus dem Nicht-wissen heraus geschehen zu lassen. Die Kunst von Kinaesthetics hat aber auch mit Ästhetik (siehe Kasten) zu tun, was umgangssprachlich mit Schönheit, Geschmackvollem und Ansprechendem gleichgesetzt wird. Kinaesthetics bedeutet die Kunst der inneren Wahrnehmung. Das Wort setzt sich aus Kine und Ästhetik zusammen. Ästhetisch ist alles, was unsere Sinne bewegt, ohne Unterteilung in Gut und Schlecht. Eine Vision. Am Anfang dieses Artikels habe ich geschrieben, dass dies ein Versuch ist, den Teil von Kinaesthetics besser zu verstehen, der künstlerisch gestaltend ist. Zu diesem Zweck schauen wir uns nochmals die zweite Spirale an. Die Auswärtsspirale steht für die Kunst, die Welt und die ihr innewohnenden Möglichkeiten zu erfassen, um kreativ zu gestalten, was sinnvoll, zukunftsweisend und nachhaltig ist. Ich denke, das geht weit über die Pflege hinaus. Ich sehe, wie Kinaesthetics wertvolle Beiträge leisten kann in der Erziehung, im Schulwesen, in der Geschäftswelt, in zwischenmenschlichen Beziehungen und vielen anderen Bereichen. Zirkuläres Denken, Lern- und Wachstumsparadigma, das sind Bezeichnungen, deren Bedeutung wir in der Ausbildung erfahren. Wie verändert sich die Welt, wenn wir diese Prinzipien in unserem Alltag konsequent anwenden? Was passiert, wenn wir aufhören, defizitär und linear zu denken, und stattdessen beginnen, resourcenorientiert und zirkulär zu denken? Kinaesthetics wird dann zu einer Kunst, die bewegt. Sie wird zu einem Katalysator für die persönliche Evolution der Menschen. Dies führt uns zurück zu der Grundinspiration der Pioniere der Körperbewusstseinsarbeit. Eine Welt der unendlichen Möglichkeiten öffnet sich, in der wir gemeinsam gestalten können. Wie sieht dieser gestalterische Beitrag aus? Deiner? Meiner? Unserer? In welchen Lebensbereichen werden wir gestalten? Was werden wir erschaffen, wenn wir uns erlauben, die Narrenfreiheit einer wahren KünstlerIn in unsere Arbeit und in unser Sein einfließen zu lassen? Welche Türen öffnen sich, welche Früchte werden wir ernten, wenn wir Kinaesthetics als eine Kunst betreiben, die weit über das hinausbewegt, was wir mit unserem Denken bis jetzt als möglich erachteten? Bei mir kommt ganz viel Freude auf, denn die Zukunft scheint mir bunter zu werden, verspielter, leichter, präsenter, klarer. Download PDF Here [...]

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